München, die selbsternannte Weltstadt mit Herz – gerne wirbt die Landeshauptstadt Bayerns mit ihrer hohen Lebensqualität. Ein Umstand will dazu jedoch so gar nicht passen: Im vergangenen Jahr war München erstmals die deutsche Stadt mit den schlechtesten Luftwerten. Das zwei Jahre alte Versprechen des Münchner Stadtrats, eine Verkehrswende in der Landeshauptstadt voranzubringen und Maßnahmen zur Luftreinhaltung umzusetzen, sehen wir mittlerweile als gebrochen an. Denn nach Angaben der Regierung von Oberbayern wird derzeit an 260 Straßen im Stadtgebiet der gesetzliche Grenzwert für Stickstoffdioxid nicht eingehalten. Wir fordern mit unserer Aktion #LuftsuchtLiebe auf dem Marienplatz den Stadtrat dazu auf, endlich Verantwortung zu übernehmen und zu handeln.

Die Landeshauptstadt führt seit dem Jahr 2018 die unrühmliche Liste der deutschen Städte mit der höchsten Stickstoffdioxidbelastung an. Damit löste München Stuttgart als bisherige Stadt mit den schlechtesten Luftwerten ab. Dabei hatte der Stadtrat noch vor zwei Jahren unsere Forderungen für saubere Luft in eine Beschlussvorlage übernommen. Im Zuge dessen wurde das Versprechen abgegeben, bis 2025 eine Verkehrswende voranzubringen und so die Stickstoffdioxidbelastung zu verringern. Ziel ist außerdem eine Halbierung des fossil angetriebenen Autoverkehrs. Doch nach Angaben der Regierung von Oberbayern wird der gesetzlich festgeschriebene Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft an 260 Straßen im Stadtgebiet weiterhin überschritten. Vor diesem Hintergrund drängt sich folgende Frage auf: Liebt die Weltstadt mit Herz ihre Bürger*innen?

Um die Münchner*innen zum Nachdenken über diese Frage anzuregen und seinen Forderungen mehr Gewicht zu verleihen, haben wir die Kampagne #LuftsuchtLiebe initiiert. Nachdem wir die Frage „Liebt Dich Deine Stadt“ bereits über die sozialen Medien an die Bürger*Innen stellten, richteten wir sie am heutigen 23. Januar anlässlich der ersten Vollversammlung des Münchner Stadtrats direkt an die Entscheider*innen. Sylvia Hladky, Sprecherin des Bündnisses und Mitglied im Netzwerk Klimaherbst, sagt: „Wir haben nun zwei Jahre die Entscheidungen des Stadtrats mitverfolgt. Das Ergebnis zeigt ein Kleinklein anstatt einer echten Strategie zur Verkehrswende. Wenn die regierenden Politiker*innen den Autoverkehr halbieren wollen, muss Platz von diesem umverteilt werden“.

Stattdessen wird jedoch noch Infrastruktur für den Autoverkehr geschaffen, wie zum Beispiel  der Ausbau des Föhringer Rings oder die neuen Tunnelpläne. Wichtige Projekte für den Ausbau des ÖPNV wie die Tramtangenten oder eine Verbesserung der Infrastruktur für den Rad- oder Fußverkehr werden mit Hinweis auf die Erhaltung der Leistungsfähigkeit für der Autoverkehr immer wieder verzögert und verschoben. Von Anfang an haben wir konstruktive Vorschläge eingebracht, statt den Stadtrat nur zu kritisieren. So entstand das Reinheitsgebot für saubere Luft, welches 10 Maßnahmenbündel enthält.

Hier wird die Förderung des Fuß- und Radverkehrs ebenso wie die Vorfahrt für Wirtschafts- und Versorgungsverkehre gefordert. Nachdem nun erneut zwei Jahre ungenutzt verstrichen sind, formuliert Hermann „Beppo“ Brem, Sprecher des Bündnisses für saubere Luft, die Forderungen radikaler: „Seit 2005 wird der Grenzwert für Stickstoffdioxid an vielen Stellen in München nicht eingehalten. 14 Jahre der politischen Untätigkeit zwingen nun zu schnell wirksamen Maßnahmen. Dazu gehören notfalls auch Fahrverbote und eine Reduktion der Kfz-Stellplätze um jährlich fünf Prozent im Stadtgebiet. Auf der Angebotsseite müssen die 50 Busspuren sofort umgesetzt und ein 365-Euro-Ticket nach dem Wiener Vorbild schnellstmöglich realisiert werden.“

Angesichts der ausbleibenden oder nur unzureichend umgesetzten Maßnahmen kann es laut Andreas Schuster, Sprecher des Bündnisses für saubere Luft und Mobilitätsexperte von Green City e.V., auf die Frage „Liebt Dich Deine Stadt?“ nur eine Antwort geben: „Die flächendeckende Luftschadstoffproblematik stellt eine hohe Belastung für viele Münchner*innen dar. Das tatenlose Zusehen der jahrelangen Überschreitungen der Grenzwerte mit gravierenden gesundheitlichen Folgen gerade auch für Kinder ist jedoch ein klares Zeichen für mangelndes Interesse der Stadt und der regierenden Parteien. Mit unserer Aktion fordern wir der Stadtrat auf, endlich seinem Versprechen zur Verkehrswende nachzukommen und seine Fürsorgepflicht den Bürger*innen gegenüber einzuhalten.“

Über den Stadtratsbeschluss für eine Verkehrswende:
Am 25. Januar 2017 beugte sich der Münchner Stadtrat dem Druck eines Bürgerbegehrens des „Bündnisses für saubere Luft“. Es hatte binnen sechs Wochen die Hälfte aller nötigen Unterschriften gesammelt, um einen Bürgerentscheid für eine Verkehrswende in München herbeizuführen und so eine schnelle und langfristige Luftreinhaltung zu erreichen. Dazu kam es nicht – der Stadtrat übernahm die Forderungen eins zu eins und beschloss, dass bis 2025 mindestens 80 Prozent aller Wege in München emissionsfrei zurückgelegt werden müssen. Das kommt einer Halbierung des fossil betriebenen Autoverkehrs gleich. Gleichzeitig verpflichtete sich der Stadtrat, jährlich eine Monitoringbericht zur Luftreinhaltung vorzulegen.

Über das „Bündnis für saubere Luft in München“:
Das Aktionsbündnis für saubere Luft in München besteht aus zahlreichen Organisationen und Privatpersonen. Seinen ersten großen Erfolg verzeichnete es im Januar 2017 mit dem Bürgerbegehren „Sauba sog i“. Durch den Druck des Bürgerbegehrens hat sich der Münchner Stadtrat zu einer Verkehrswende bis 2025 verpflichtet.

 

Du willst Dich zukünftig auch für Luftreinhaltung einsetzen und bei Aktionen engagieren? Dann bist Du sehr herzlich am Mittwoch, 13. Februar 2019, zum Stammtisch Mobilität und Verkehrswende des Bündnispartners Green City e.V. eingeladen.

Bild: Green City e.V./Simone Reitmeier