Vorläufige Stellungnahme veröffentlicht

Still und heimlich endet am heutigen Freitag, 18. August, die Öffentlichkeitsbeteiligung zum „Maßnahmenpaket für saubere Luft in Innenstädten“, das die Bayerische Staatsregierung am 18. Juli 2017 bekannt gab. Als „Münchner Bündnis für saubere Luft“ sehen wir die darin enthaltenen Maßnahmen nicht nur als vollkommen unzureichend an, um die Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid in München schnellstmöglich einzuhalten und fordern in einer vorläufigen Stellungnahme weitreichendere Maßnahmen. Vor allem hegen wir Zweifel an der Form der Öffentlichkeitsbeteiligung – denn die Beteiligungsmöglichkeit war nach unserer Meinung bis zum gestrigen Donnerstag, 17. August, kaum jemandem bekannt.

Ganz hinten im „Oberbayerischen Amtsblatt“ vom 20. Juli steht der kurze Hinweis: „Stellungnahmen zu den Maßnahmen, soweit das Gebiet der Landeshauptstadt München betroffen ist, nehmen wir bis 18. August 2017 schriftlich unter der Adresse Regierung von Oberbayern […] entgegen“. Was sich dahinter versteckt, bedürfte eigentlich einer großangelegten Informationskampagne. Es handelt sich um die Öffentlichkeitsbeteiligung für ein Maßnahmenpaket zur Luftreinhaltung, das die Bayerische Staatsregierung vor genau einem Monat veröffentlichte. Obwohl wir alle Aktivitäten rund um Luftreinhaltung akribisch verfolgen, erhielten wir erst einen Tag vor Ablauf der Frist den entscheidenden Tipp und konnten im letzten Moment eine Stellungnahme verfassen. Jedoch handelt es sich hier laut des Bündnisses ausdrücklich nur um eine vorläufige Version, denn wir wollen nicht hinnehmen, dass die Staatsregierung eine unkonkrete Willenserklärung als Maßnahmenpaket ausgibt und die Öffentlichkeit nur „alibi-mäßig“ beteiligt.

Im Maßnahmenpaket vom 18. Juli 2017 schlägt die bayerische Staatsregierung im Wesentlichen eine Verbesserung der Kfz-Flottenwerte, sowie die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und Radverkehrs vor. Darüber hinaus soll dieses Konzept der Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München zugrunde liegen. Bezüglich Finanzierung und zeitlicher Umsetzung vermissen wir die Konkretisierung und fordern zum Einen weitreichendere Maßnahmen, zum Anderen, den sofortigen Planungs- und Realisierungbeginn.

Die Verbesserung der Flottenwerte soll durch ein Software-Upgrade von EURO-5-Diesel-Pkw und Kaufanreize für Euro-6-Dieselfahrzeuge erreicht werden. Dazu sagt Sylvia Hladky, Sprecherin des Bündnisses für saubere Luft in München: „Selbst wenn das freiwillige Software-Upgrade von den Kund*innen angenommen würde, lägen die Emissionen im angepeilten Zeithorizont 2021 immer noch deutlich über den Grenzwerten. Damit wird die Forderung nach einer schnellstmöglichen Reduzierung ad absurdum geführt. Anstatt nachhaltige Antriebskonzepte zu fördern, unterstützt die Staatsregierung die Automobilindustrie bei ihrem Beharren auf einer veralteten Technologie.“

Zur Förderung des ÖPNV sagt Andreas Schuster, ebenfalls Sprecher des Bündnisses: „Die enthaltenen Maßnahmen greifen Forderungen auf, die wir als Bündnis schon lange stellen und in unserem Reinheitsgebot für Münchner Luft zusammengefasst haben. Bisher scheiterte ein effektiver und schneller Ausbau des ÖPNV jedoch an dem mangelnden Willen der Politik, diesen konsequent anzugehen und dafür auch Flächen des motorisierten Individualverkehrs zur Verfügung zu stellen. So ist auch diesmal davon auszugehen, dass die Maßnahmen nur Willenserklärungen und Lippenbekenntnisse bleiben werden.“

Ebenso urteilen wir über die Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs. „Das Ziel, 20 Prozent Radverkehrsanteil zu erreichen, haben wir in München schon längst erreicht“, spottet Beppo Brem, dritter Bündnissprecher. „30 Prozent wäre eine angemessene Mindestforderung gewesen. Ebenso wie beim ÖPNV fehlt der Politik der Mut, die Flächen des Kfz-Verkehrs für zukunftsfähige Mobilität frei zu räumen. So bleiben auch qualitativ hochwertige und quantitativ ausreichende Radabstellanlagen Luftschlösser der Staatsregierung.“

Vollkommen unklar bleibt für uns der Zusammenhang zwischen dem bereits veröffentlichten Maßnahmenpaket der Bayerischen Staatsregierung, der für Ende des Jahres angesetzten siebten Fortschreibung des Luftreinhalteplans Münchens und einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Er forderte die Regierung von Oberbayern in seinem Urteil vom 1. März 2017 auf, Fahrverbote für über 260 Straßen in München zu entwickeln, an denen Stickstoffdioxid die Grenzwerte überschreitet. Dieser Aspekt fehlt in dem Maßnahmenpaket der Staatsregierung vollkommen.

„Der Schnellschuss aus dem Hause Seehofers ignoriert die Rahmenbedingungen. Mit einer Wunschliste zur Schonung und Förderung der Automobilindustrie werden die Auflagen des Gerichts nicht einzuhalten sein“, urteilt Andreas Schuster. Sylvia Hladky ergänzt: „Dazu passt auch, dass der Aufruf zur Einreichung von Stellungnahmen eine Randnotiz des oberbayerisches Amtsblattes war. Echte Bürgerbeteiligung sieht anders aus und der Verdacht liegt nahe, dass diese auch nicht gewünscht war.“ Wir fordern daher die Regierung von Oberbayern auf, die Öffentlichkeitsphase bis zum 18. September 2017 zu verlängern und die Öffentlichkeit ausreichend zu informieren. „Wir gehen davon aus, dass außerdem zeitnah eine echte Öffentlichkeitsbeteiligung für die siebte Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München erfolgen wird, der zum 31. Dezember 2017 ansteht“, so Schuster. Welche Rolle das am 18. Juli 2017 veröffentlichte Maßnahmenpaket der Staatsregierung dabei spielen wird, bleibt unklar.

Abschließend urteilt Beppo Brem: „Nur eine echte Verkehrswende mit einer deutlichen Reduktion des motorisierten Individualverkehrs und einem sofortigen Ausbau des Umweltverbundes, als Fuß-,  Rad-, und öffentlicher Verkehr kann die Luftqualität in München schnell, wirksam und nachhaltig verbessern.“

Unsere vorläufige Stellungnahme zum Maßnahmenpaket für saubere Luft in Innenstädten „Luftreinhaltung München“ der Bayerischen Staatsregierung vom 18. Juli 2017. ()